Es hat Seltenheitswert, wenn man in Venedig mal eine Ortsangabe machen kann, die die Worte "immer geradeaus" beinhaltet. Hier kommt eine dieser raren Ausnahmen: Vom Dogenpalast spaziert man immer geradeaus die Riva degli Schiavoni entlang – vorbei an den berühmten Hotels Danieli und Londra Palace – und gelangt an deren Ende schließlich zum Arsenal. Das ist der Name der historischen Werft, die für die Seerepublik Venedig für viele Jahrhunderte lang von existenzieller Bedeutung gewesen ist. Ihre Fläche nimmt etwa zehn Prozent des historischen Zentrums ein.
Quelle: pixelio.de Fotograf: Thomas Max Müller
Mit dem Bau des Arsenals wurde im Jahr 1104 unter dem Dogen Ordelaf Falier begonnen. Ursprünglich bestand das Gelände nur aus zwei sumpfigen Inseln im Stadtteil Castello. Im Laufe seiner langen Geschichte als Werft, Zeughaus, Pulverlager und Marinebasis ist das Arsenal mehrfach erweitert worden. Wer das frei zugängliche Arsenal heute besucht, der braucht ein bisschen Phantasie, um sich auszumalen, was hier einmal los gewesen sein muss. Nach Jahrhunderten eifriger Betriebsamkeit wirkt das Arsenal jetzt beschaulich, fast verlassen und ist eher ein Ort, an dem man im hektischen Venedig zur Ruhe kommen kann. Zu den besten Zeiten aber haben hier rund 30.000 Menschen Tag für Tag Schwerarbeit geleistet, um die Schiffe, die die Seerepublik Venedig zur Beherrschung des Mittelmeerraums benötigte, zu bauen und instand zu halten. Es gibt kaum einen Bereich der Geschichte, in dem das Arsenal nicht eine gewisse Rolle spielt. Für die Geschichte der Wirtschaft stellt es den größten Produktionsbetrieb dar, den es jemals in Europa vor der Industrialisierung gegeben hat. In der Literaturgeschichte ist es kein Geringerer als Dante Alighieri (1265-1321), der das Arsenal in seiner Göttlichen Komödie besingt und eindrucksvoll den Lärm, die Hitze und den Produktionsdruck beschreibt. In der Architekturgeschichte sind es die beiden Türme links und rechts vom Eingang zum Arsenal (Ingresso all'Acqua), die Furore machen. Sie sind die ersten Bauten in Venedig, die im Stil der Renaissance errichtet wurden.
Um einen Eindruck davon zu bekommen, was im heute fast verträumten Arsenal einmal geleistet wurde, hier ein Beispiel: Im Jahr 1570 kämpften die Venezianer gegen die Türken. Binnen zwei Wochen wurden im Arsenal 100 Galeeren für die Seeschlachten gebaut. Das war nur durch eine extrem effiziente Organisatin möglich. Sämtliche Bauteile der Galeeren waren genormt und lagen im Arsenal auf Abruf bereit. Auch Venedigs Handelsflotte musste im Notfall herhalten. Die Handelsschiffe waren so klug konstruiert, dass sie ohne großen Aufwand zu einem Kriegsschiff umgerüstet werden konnten.
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