Meist wurden Burgen nach Ihren Bauherren benannt, am Hochrhein war es einstmals umgekehrt
Sogenannte Höhenburgen gab und gibt es in Deutschland viele. Strategisch günstig auf einem Berg oder Hügel gebaut, konnte mit Ihnen ein großer Teil des Umlandes kontrolliert werden. So auch am Hochrhein zwischen den Ortschaften Lienheim und Hohentengen am Hochrhein. Zwischen diesen beiden Gemeinden beschreibt der Rhein eine Kurve und er verengt sich. Ideal für den Bau von Brücken oder den Fährbetrieb. Irgendwann im 7. Jahrhundert errichteten Unbekannte genau im Winkelpunkt der Rheinkurve auf einem Hügel direkt am Rhein, der gut 100 m über den Fluss hinausragte, eine Burg. Ihren Namen erhielt die Burg durch das hier zu findende weiße Juragestein sowie durch die häufig anzutreffende Wasserstelze, ein kleiner Vogel, und so wurde sie zur Burg Weißwasserstelz. Die Erbauer, deren Namen im Dunkel der Geschichte verschollen sind, kontrollierten mit der Burg gut drei Kilometer des Rheinverlaufs in südwestlicher Richtung flussabwärts und etwa 4 km flussaufwärts. Jeder, der in diesem Bereich übersetzen wollte, war im Blickfeld der Burgherren, was für diese vermutlich durch Zolleinnahmen ein einträgliches Geschäft war.
Erst im 12. Jahrhundert fand die urkundliche Benennung eines Besitzers statt, und zwar des Wernherus de Wasserstelce. Dessen ursprünglicher Name ist jedoch nicht vermerkt, aber er markiert den Anfang des Adelsgeschlechts der von Wasserstelz. Die Familie von Wasserstelz beschränkt sich jedoch nicht allein auf die Burg Weißwasserstelz. Sie erbauten etwa 2 km flussaufwärts die kleinere Burg Rotwasserstelz, heute unter der Bezeichnung Schloss Röteln bekannt, und sie errichteten an dieser Stelle vermutlich eine Holzbrücke über den Rhein. Doch damit nicht genug, es ist anzunehmen, das sie auch für den Bau einer kleinen Burg auf einer Rheininsel verantwortlich zeichnen, die der Burg Weißwasserstelz fast direkt gegenüber lag und Schwarzwasserstelz benannt wurde.
Mit der von der Burg Rotwasserstelz kontrollierten Brücke und dem Fährbetrieb zwischen Weißwasserstelz und Schwarzwasserstelz war eine nahezu perfekte Kontrolle der Warenströme beiderseits des Rheins möglich. Vermutlich mussten auch die Fischer Tribut an die von Wasserstelz entrichten. Doch dem Geschlecht war keine lange Lebensdauer beschert. Es sollte sich nur rund 160 Jahre halten. Im Jahr 1330 verkauft die letzte Erbin, Margarete von Wasserstelz, die Weißwasserstelz an Lüthold von Krenkingen und mit ihrem Tod erlischt der Name endgültig in den Adelschroniken. Die Burgen Rotwasserstelz und Schwarzwasserstelz wechselten schon früher den Besitzer.
Heute befindet sich nur noch die Burg Rotwasserstelz oder vielmehr das Schloss Röteln in einem bewohnbaren Zustand und nach wie vor führt hier eine Brücke inklusive Zollstelle über den Rhein, mittlerweile jedoch eine moderne Autobrücke. Die auf der Rheininsel befindliche Burg Schwarzwasserstelz ist komplett verschwunden, an ihrer Stelle errichtete die Schweizer Armee in den 1930er-Jahren einen Bunker, der heute unter Denkmalschutz steht. Auch der Hauptsitz, die Burg Weißwasserstelz ist nur noch eine Ruine mit wenigen Mauerresten. Lediglich das dazugehörige Gehöft am Fuße des Berges blieb erhalten und daraus bildete sich eine kleine Siedlung, die Guggemühle.
Nach den von Wasserstelz wechselten die Besitzer der Burg recht häufig, doch selbst der dreißigjährige Krieg konnte ihr nicht viel anhaben. Doch so um 1730 ist die Burg verlassen und verfällt mehr und mehr. Die Bauern des Umlandes bedienen sich an ihr für den Bau ihrer Höfe und in den Gemäuern versuchen sich Alchimisten an der Herstellung von Gold, in der Annahme, dass die Burg ein magisches Zentrum sei. Ihre Geschichte lässt wohl mehr einen Fluch vermuten, wenn an so etwas geglaubt wird.
Wer dem Hochrhein einen Besuch abstattet, kann sich selbst auf die Spurensuche nach dem Burgenimperium der von Wasserstelz machen. Ein geschichtlich wie landschaftlich lohnender Ausflug.
Februar 2020
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